Die meisten Sanierungen zum Sonnenhaus finden im Einfamilienhaussektor statt. Möglich ist der Einbau großer Solarheizungen aber auch im Mehrfamilienhaus. Dies zeigt der Umbau von vier denkmalgeschützten Gründerzeithäusern in Chemnitz.
Wenn ein Gebäude neu gebaut wird, ist es ein Leichtes, eine große Solarheizung zu integrieren. Das Dach wird entsprechend ausgerichtet, für den Wärmespeicher kann der Platz gleich eingeplant werden, im Rohbau wird er aufgestellt, und fertig ist das Sonnenhaus. Bei bestehenden Gebäuden, die etwa 97 Prozent des Gebäudebestands in Deutschland ausmachen, sieht es anders aus. Die Dachneigung und –ausrichtung ist vorgegeben, der Speicher passt vielleicht nicht durch die Türen und wegen ungenügender Dämmung ist der Wärmebedarf wahrscheinlich hoch. Möglich ist die „Altbausolarisierung“ trotzdem, zumindest bei vielen alten Gebäuden. Ein Beispiel dafür ist die Sanierung von vier Gründerzeithäusern in Chemnitz.
Mit dem ambitionierten Bauprojekt in der Kanalstraße hat die FASA AG Neuland betreten. Immerhin wurden die Mehrfamilienhäuser vor über 100 Jahren errichtet und die Tatsache, dass sie denkmalgeschützt sind, machte die Angelegenheit nicht leichter. Ullrich Hintzen, Vorstand des Chemnitzer Bauunternehmens, erkannte jedoch die Chance, ein Leuchtturmprojekt für das solare Heizen im Bestand zu schaffen.
„Bestandssanierungen sind spannend, aber sie hängen sehr stark davon ab, was der Bauherr oder Investor am Schluss erzielen möchte“, sagt Hintzen. „In der Kanalstraße hatten wir den Vorteil, mehrere Häuser in gewissen zeitlichen Abständen erwerben zu können – in einer Zeile eines heruntergekommenen Viertels von Chemnitz. Die Gebäudesubstanz war, insbesondere im Holzdecken- und Dachbereich, teilweise so gestört, dass grundlegend eingegriffen werden musste. Dadurch hat es sich aber auch angeboten, entsprechende Solarspeicher zu integrieren.“
Sanierung in Etappen
Die Sanierung der Gebäude fand in Etappen statt. Schon im Jahr 2001 hatte FASA das Gründerzeithaus in der Kanalstraße 13 grundlegend saniert. Dabei erhielt es eine 40 Quadratmeter große Solarthermieanlage und zwei kleinere Solarspeicher. Für die Nachheizung wurde eine Gasheizung eingebaut. Nach dem Erwerb des Nachbargebäudes ging es 2013 in der Kanalstraße 15 weiter. Das denkmalgeschützte Haus stammt aus dem Jahr 1906. Hintzen beschloss, das abrissreife Bauwerk in ein weitgehend solar beheiztes Gebäude zu verwandeln. Zu etwa 80 Prozent sollte es solar beheizt werden. Dafür ließ er auf dem Dach 120 Quadratmeter Solarkollektoren installieren. Und da es ohnehin erneuert werden musste, konnte der 56 Kubikmeter große Wärmespeicher in das offene Dach eingebracht werden.
Damit auch die Mieter in der Kanalstraße 13 davon profitieren, verband FASA beide Gebäude mit einer Nahwärmeleitung. Die große Solarthermieanlage produziert Wärme für beide Gebäude, die in dem Langzeitwärmespeicher vorgehalten wird. Reicht die Sonnenwärme im Winter nicht aus, versorgt die Gasheizung in der Kanalstraße 13 die Nachbarn mit zusätzlicher Wärme.
„Wir mussten nicht nur sehr große Fundamente einbauen, sondern auch durch Mikrobohrpfähle den Untergrund ertüchtigen. Hier hat es gewisse technische Herausforderungen gegeben“, erinnert sich FASA-Chef Hintzen. Die Abstimmung mit dem Denkmalschutz zu den veränderten Dachformen und der Belegung mit Solarkollektoren sei „erstaunlicherweise sehr konstruktiv“ verlaufen. „Dies ist aber sicher auch der Situation geschuldet, dass Chemnitz seine Investoren unterstützt“, erklärt Hintzen. „Andererseits, wenn Sie die Gebäude heute straßenseitig mit ihren Schmuckfassaden sehen, können Sie an keiner Stelle erkennen, dass es sich hierbei um solar beheizte Gebäude handelt. Lediglich rückseitig und mit viel Abstand ist zu erkennen, dass sich die Dachbereiche geringfügig verändert haben, geglättet wurden und mit Solarthermie-Kollektoren belegt sind.“
Von dem Ergebnis bestätigt, sanierte FASA 2015 und 2016 die nächsten Nachbargebäude, nun in der Kanalstraße 17 und 19 – beide aus dem Baujahr 1912. Sie erhielten zusammen einen 100 Kubikmeter-Speicher und 260 Quadratmeter Solarkollektoren. Wie schon bei dem benachbarten Wärmeverbund wird der Energiebedarf auch bei diesen beiden Gebäuden wechselseitig gedeckt. Beide Häuser können ihren Wärmebedarf deutlich effizienter abdecken. Der solare Deckungsgrad liegt bei circa 80 Prozent.
Aufwertung des Straßenzugs
Mit dem Vorzeigeprojekt hat die FASA AG viele Schlagzeilen gemacht. „Durch die innovative Art der Sanierung haben nicht nur die Gebäude, sondern der ganze Straßenzug eine enorme Aufwertung erfahren“, so Hintzen. Zu den Kosten sagt er: „Natürlich gibt es eine kommerzielle Herausforderung, die circa 150 Euro je Quadratmeter Mehrkosten für die solare Beheizung zu kompensieren und dies in einem Markt, der von den Mietern bestimmt wird. Aber auch hier bietet die energetische Einsparung von 80 Cent bis einem Euro je Quadratmeter genügend Potential, das über zehn Jahre beispielsweise zu amortisieren.“ Sein Bauunternehmen profitiert aber auch als Vermieter: „Wir sehen, dass wir mit einer solchen Investition auch zukünftig eine gute Mieternachfrage haben werden.“
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