Wagner Solar erweitert seinen Firmenstandort in Kirchhain, wo das Unternehmen bereits seit einigen Jahren Sonnenkollektoren produziert. Ende des Jahres sollen auch die Arbeitsbereiche, die bislang im benachbarten Cölbe beheimatet sind, verlegt werden. Im Interview erläutert Technik-Geschäftsleiter Andreas Knoch die aktuelle Geschäftsstrategie.
Herr Knoch, in einer Pressemitteilung Ihres Unternehmens heißt es, dass der Standort in Kirchhain die Möglichkeit für eine weiteres Wachstum bietet. Ist der Umzug auch als ein Neustart nach schwierigen Zeiten zu verstehen?
Andreas Knoch: Unser Neustart nach schwierigen Zeiten fand bereits 2014 statt, das heißt nach der Insolvenz. In den vergangenen Jahren haben wir das Unternehmen Schritt für Schritt wieder in stabiles Fahrwasser gebracht – auch dank der Treue vieler Kunden. Der Umzug ist eine logische Konsequenz der Fokussierung aufs Wesentliche.
Wagner Solar hat Ende der siebziger Jahren mit der Installation und Herstellung von Solarthermieanlagen begonnen, ist in den achtziger Jahren zu einem der in Deutschland bekanntesten und innovativsten Systementwickler für Solarthermie gereift und in den neunziger Jahren mit der Photovoltaik stark gewachsen. Der Einbruch des Photovoltaikmarkts hat die Firma stark gebeutelt. Inwiefern hat sich die Unternehmensausrichtung seitdem geändert beziehungsweise wie haben Sie auf die Entwicklung reagiert?
Knoch: Wagner Solar ist weiterhin in den Bereichen Solarwärme und Solarstrom aktiv. Dabei haben wir den Schwerpunkt bei der Entwicklung und Produktion in Richtung der Montagesysteme verschoben – auch infolge der anhaltenden Marktschwäche der Solarwärme. Das hat sich als der richtige Weg erwiesen. Ein geplantes weiteres Standbein – die Wärmerückgewinnung aus Duschwasser – ist weiter in Wartestellung, da das neue Gebäudeenergiegesetz nun schon seit Jahren leider keinen Schritt vorankommt.
Wie stark war der Einschnitt vor sechs Jahren als das ursprünglich genossenschaftlich geführte Unternehmen mit der Sanderink Holding von einem Investor übernommen wurde?
Knoch: Der Einschnitt war spürbar und auch notwendig. Die Mitarbeiterbeteiligung gibt es nicht mehr. Nichtsdestotrotz gibt es auch heute bei Wagner Solar eine lebendige und positive Unternehmenskultur, die von vielen langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern profitiert, aber auch von vielen neuen Gesichtern und Impulsen.
Wie hat sich Wagner Solar seitdem entwickelt?
Knoch: In den vergangenen zwei bis drei Jahren werden die wirtschaftlichen Ergebnisse substanziell immer besser. Das gelingt mit einem moderaten Zuwachs beim Personal.
Wachsen Photovoltaikvertrieb und Solarthermieabsatz gleichermaßen?
Knoch: Wachstum haben wir aktuell vor allem bei der Photovoltaik und bei den Montagesystemen. Die Solarthermie stagniert.
Welchen Anteil zum Umsatz trägt die Solarthermie bei?
Knoch: Wegen der völlig anderen Wertschöpfungsanteile und Margen ist der Umsatzanteil nicht besonders aussagekräftig. Er liegt unter 25 Prozent.
Welche Rolle spielt das Projektgeschäft, zum Beispiel solare Fernwärmeanlagen?
Knoch: Wir haben sowohl bei der Solarthermie als auch bei der Photovoltaik ein begrenztes Projektgeschäft, bei dem wir unsere langjährige Expertise einbringen können und das Handelsgeschäft flankiert und unterstützt. Die Solarthermie-Projekte sind eher national angesiedelt, die PV-Projekte überwiegend international.
Zu Beginn des Jahres hat der Bund die Förderung im Marktanreizprogramm stark verbessert. Seitdem haben sich die Antragszahlen für ökologische Heizungen massiv erhöht. Spüren Sie auch bei der Solarthermie ein erhöhte Nachfrage?
Knoch: Die Förderung wurde in der Tat massiv verbessert, vor allem zugunsten der Gasheizung. Wir haben nicht unbedingt wenige Anfragen zu Gashybridheizungen mit Bestandskollektoren. Aber auch die Solarthermie profitiert davon. Wir registrieren ein stark gestiegenes Interesse und gehen von einem erhöhten Absatz aus, eventuell aktuell etwas gebremst durch die Coronakrise.
Mit welcher Marktentwicklung rechnen Sie in diesem Jahr?
Knoch: Für die Solarthermie gehen wir alles in allem von einem moderaten Zuwachs aus.
Die Solarthermie hat in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich mit Absatzrückgängen zu kämpfen. Inzwischen ist der Kollektorabsatz in Deutschland auf dem Stand von vor 20 Jahren wieder gelandet. Mit anderen Worten: Die Solarthermie scheint bei Häuslebauern nicht mehr hip zu sein. Wie lässt sich diese Entwicklung erklären?
Knoch: Das ist ja inzwischen schon fast ein alter Hut – leider. Die Solarthermie hat ihr vorher zu 100 Prozent positives Image im Kielwasser der Diskussion um die angeblich negativen Folgen des PV-Booms schon vor einigen Jahren verloren. Für die Verbraucher war offensichtlich auch nicht zu unterscheiden, dass die PV-„Förderung“ Stück für Stück beschnitten wurde, die für die Solarthermie aber weiter bestand. Hinzu kommt seit 2015/2016, dass die PV nun bei stetig sinkenden Preisen dieselbe Motivation bedient wie bisher die Solarwärme, das heißt die Einsparung von Energiekosten. Sie wird nicht als reines Renditeobjekt gesehen. Gleichzeitig ist die PV aber oft technisch einfacher umzusetzen, einfach weil es weniger Schnittstellen zur übrigen Gebäudetechnik gibt. Erschwerend kommt hinzu, dass nach wie vor das Handwerk einen Flaschenhals darstellt.
Obwohl die Solarthermie wie die Photovoltaik ihre Herstellungskosten senken konnte, sind die Preise angesichts hoher Handwerksmargen kaum gesunken. Gibt es eine Lösung für dieses Dilemma?
Knoch: Wir sehen keine Senkung der Herstellkosten bei der Solarthermie in vergleichbarer Größenordnung wie bei der Photovoltaik. Bei einem stagnierenden bis sinkenden Absatz ist das Potenzial dafür auch gering. Der Kostenblock des Handwerkers bei der Realisierung einer Solarthermieanlage ließe sich nur durch ausgiebige Vorfertigung verringern – bei großen Stückzahlen.
Bräuchte es andere Vertriebswege?
Knoch: Es gibt ja in der Heizungsbranche immer wieder Anläufe verschiedener Hersteller oder Marktakteure, direkt zu verkaufen. Wir sehen aber bisher keine wirklichen Erfolge. Sobald es nicht nur um technisch überschaubare Dinge wie etwa den Kesseltausch geht, kommt man in Deutschland kaum am ortsnah ansässigen Installateur vorbei.
Die Solarthermiebranche und auch ihr Unternehmen hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von Innovationen hervorgebracht – seien es hocheffiziente Kollektoren, Solar-Schichtspeicher oder die Systemintegration. Welche Möglichkeiten für weitere technologischen Verbesserungen sehen Sie in der Zukunft?
Knoch: Die Solarthermie, wie wir und andere sie herstellen und verkaufen, ist auf einem sehr hohen technischen Niveau. Technologische Verbesserungen werden sich nur im Detail abspielen oder gegebenenfalls im Großanlagenbereich.
Als Passiv-Solar-Haus mit thermischem Saisonalspeicher hat das alte Bürogebäude in Cölbe einst ein Zeichen für die ehrgeizige Nutzung der Sonnenwärme gesetzt. Was wird aus ihm?
Knoch: Das Passivhaus in Cölbe steht noch. Es wird auch weiterhin als Passivhaus mit saisonaler Solarenergienutzung betrieben – nur eben von anderen, und das auch schon seit mehr als fünf Jahren.
Blicken Sie in bisschen wehmütig auf den bevorstehenden Umzug?
Knoch: Überhaupt nicht. Unser aktuelles Gebäude in Cölbe – nicht das Passivhaus – ist für unsere Zwecke nicht optimal geeignet. Die Vorteile eines gemeinsamen, modernen Standorts für alle Mitarbeiter und alle Funktionen überwiegen in allen Bereichen.
Das Interview führte Joachim Berner.
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