Axel Horn, Fachingenieur für Solarthermie, hat sich intensiv mit dem neuen Gebäudeenergiegesetz beschäftigt. Wir haben ihn zur Rolle der Solarthermie im GEG und Marktchancen durch die neue Gesetzgebung befragt.
Herr Horn, könnte das Gebäudeenergiegesetz, das am 1. November in Kraft getreten ist, einen Aufschwung für die Solarthermie bewirken?
Axel Horn: Die Regelungen zur Solarthermie im neuen Gebäudeenergiegesetz wurden praktisch unverändert aus dem über zehn Jahre alten Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz übernommen. Es wäre verrückt, wenn dieselben Regeln ausgerechnet jetzt einen Schub auslösen sollten.
Ist es also eher ein Gesetz pro Photovoltaik?
Analog zur „klassischen“ Nutzung der Solarenergie, der Solarthermie, wird nun alternativ die Nutzung von Photovoltaik im GEG für einen Mindestanteil erneuerbarer Energien bei der Versorgung eines Gebäudes anerkannt. In beiden Varianten muss proportional mehr Solartechnik installiert werden, je größer die Gebäudenutzfläche ist. Bei der Photovoltaik allerdings umso weniger, je mehr beheizte Stockwerke das Gebäude hat. Das führt dazu, dass bereits lächerlich kleine PV-Anlagen, deren Stromausbeute nicht einmal den normalen Stromverbrauch im Haushalt decken kann, als ausreichender Beitrag zur Gebäudeheizung mit erneuerbaren Energien anerkannt werden und gleichzeitig fiktiv den Jahres-Primärenergiebedarf des Gebäudes senken.
Mit diesem Rechentrick ist es möglich, auch im Neubau relativ schlecht gedämmte Häuser weiterhin mit fossilen Brennstoffen zu beheizen. Mittelfristig könnte sich das als Vorteil für die Solarthermie herausstellen, denn in wenigen Jahren wird der Verbrauch fossiler Brennstoffe durch die CO2-Abgabe spürbar teurer, und dann wird es interessant, mit Sonnenkollektoren effektive Einsparungen zu erreichen.
Sehen Sie auch kurzfristig positive Effekte für die Solarthermie?
Ja, auch kurzfristig könnten sich die Festlegungen des GEG zur Förderung der erneuerbaren Energien positiv für die Solarthermie auswirken. Zwar gilt die Regel, dass Sonnenkollektoren keine Förderung erhalten, wenn damit lediglich die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt werden. Wenn aber der Pflichtteil bereits durch die Photovoltaik abgehakt ist, sollte die freiwillig installierte Solarthermie förderberechtigt sein, zumal im GEG „Maßnahmen zur Nutzung solarthermischer Anlagen auch für die Heizung eines Gebäudes“ ausdrücklich vom Ausschluss von der Förderung ausgenommen sind. Allerdings stand eine solche Regelung bereits im EEWärmeG, was die Bundespolitik nicht davon abhielt, beim Neubau sehr hohe Mindestanforderungen zu stellen. So muss die Kollektorfläche auch nach Inkrafttreten des GEG immer noch wenigstens 20 Quadratmeter groß sein und bei Neubauten von Ein- und Zweifamilienhäusern wenigstens 50 Prozent solare Deckungsrate liefern. Hoffentlich findet die Absicht des Gesetzgebers bei der Neufassung der Förderrichtlinien zum Jahreswechsel mehr Beachtung.
Welches Potenzial im neuen Energiemix sehen Sie grundsätzlich für die Solarthermie?
Das Potenzial der Solarthermie in Deutschland liegt deutlich über 100 Terrawattstunden jährlichem Kollektorertrag, was mehr als das Zehnfache der aktuellen Jahresleistung ist. Dezentral auf Wohngebäuden eingesetzt, können selbst zehn Jahre alte Sonnenkollektoren heute dank aktueller Regelungstechnik wesentlich höhere solare Deckungsraten bei reduziertem Wartungsaufwand erreichen. Gleichzeitig ist zu beobachten, dass wieder mehr Projekte mit sehr großen Kollektorflächen realisiert werden, bei denen die Solarwärme in der Zentrale eines Wärmenetzes für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung eingesetzt wird.
Lesen Sie mehr in Axel Horns Blog-Beitrag zur Solarthermie im Gebäudeenergiegesetz (GEG).
Das Interview führte Ina Röpcke.
Zum Anhören: An dieser Sendung im Deutschlandradio hat Axel Horn hat Experte für Solarthermie mitgewirkt: Marktplatz „Sonnenenergie vom Dach“ 22.10.2020 komplette Sendung:
14. November 2020 at 14:31
Danke fuer den tollen Blog Beitrag!