Damit es keinen Wärmestau im Sonnenkollektor gibt, muss sich die Strömung in der Solarthermie-Anlage gleichmäßig verteilen. Bei kleinen Kollektorfeldern geht das fast von selbst, bei größeren kommt man ums Rechnen für eine ideale Kollektorfeld-Hydraulik nicht herum.
Wird ein einzelner Heizkörper nicht gut durchströmt, wird´s kalt im Raum. Das merkt der Bewohner schnell und alarmiert den Installateur, der den Durchfluss nachjustiert. Fließt aber zu wenig Flüssigkeit durch einen bestimmten Kollektor einer Solarthermie-Anlage, merkt das erstmal niemand. Doch der schwach durchflossene Kollektor ist quasi in Dauerstagnation. Er wird immer heißer. Das Fluid verdampft und kann sich zersetzen, der Druck steigt und obendrein gelangt die gerade gesammelte Wärme nicht in den Speicher, sondern zurück in die Umgebung.
Bei kleinen Solarthermie-Anlagen ist das ganz einfach zu vermeiden: Schaltet man die Kollektoren in Reihe, werden sie zwangsläufig gleichmäßig durchströmt. Doch mit jedem weiteren Kollektor in der Reihe steigt der Druckverlust. Wie viele Kollektoren man hintereinander montieren darf, verrät das Datenblatt.
Kollektorfeld-Hydraulik gut planen
Teilt man das Kollektorfeld einer Solarthermie-Anlage in mehrere Stränge auf, muss man dafür sorgen, dass alle Stränge gleichmäßig durchströmt werden. Der Klassiker aus dem Lehrbuch ist die Tichelmann-Schaltung (siehe Bild), die im Vergleich zum einfachen Parallelschalten allerdings etwas mehr Verrohrungsaufwand bringt. Zusätzliche Wärmeverluste kann man auf ein Minimum reduzieren, indem man gut isoliert und die Leitung soweit möglich innerhalb des Gebäudes führt.
Mit einer Parallelschaltung wächst im Vergleich zur Reihenschaltung der benötigte Volumenstrom, denn dieser muss ja auf die einzelnen Stränge verteilt werden. Ein hoher Volumenstrom kann eine Solarpumpe an einen ungünstigen Arbeitspunkt bringen. Vor allem braucht er hohe Leitungsquerschnitte – das geht vor allem bei großen Anlagen ins Geld. Ingenieur Martin Schnauss von Solarconsult, der schon viele große Solarfelder geplant hat,rät daher, bei größeren Kollektorfeldern Reihen- und Parallelschaltung zu kombinieren. „Die einzelnen Kollektorreihen sollten dabei möglichst gleich sein“, sagt Schnauss, denn dann ist auch deren Druckverlust identisch und die Durchströmung gleichmäßig.
Oft schlagen die Kollektorhersteller in der Montageanleitung verschiedene Verschaltungen vor, die für einen bestimmten Volumenstrom geeignet sind. Auch Druckverlustkurven für eine ganze Reihe hintereinander geschalteter Kollektoren oder für eine bestimmte Parallelschaltung kann man gleich der Anleitung entnehmen. Wer auf diese Schemata für die Kollektorfeld-Hydraulik zurückgreift, ist auf der sicheren Seite.
Ein bisschen Rechnen muss sein
Wer größere Kollektorflächen installieren oder von den Herstellervorschlägen abweichen will, muss für die Planung der Kollektorfeld-Hydraulik wissen, wie man Volumenströme und Druckverluste berechnet.
Kollektorfeld-Hydraulik: Volumenstrom berechnen
Mit dem Volumenstrom geht es los: Welchen Mindestvolumenstrom nennt der Hersteller im Datenblatt? Dieser Mindestvolumenstrom muss durch jeden einzelnen Kollektor fließen. Er sorgt für eine turbulente Strömung und damit eine gute Wärmeübertragung in den Absorberrohren. Bei Harfenkollektoren sind das meist um 50 Liter pro Quadratmeter und Stunde, was bei einem 2-Quadratmeter-Kollektor 100 Liter pro Stunde entspricht. Bei Mäandern reicht ein kleinerer Volumenstrom.
Auch wenn der Wert im Datenblatt in Liter pro Quadratmeter und Stunde steht: Aus dem Volumenstrom für den Kollektor darf man noch nicht auf das gesamte Feld schließen. Dafür kommt es auf die Schaltung an: In einer Reihenschaltung passiert dasselbe Fluid jeden einzelnen Kollektor. Reicht der Volumenstrom für einen Kollektor, reicht er auch für den ganzen Strang – egal, wie viele Kollektoren hintereinander hängen. Reihenschaltungen sind daher gut, wenn man mit einem Low-Flow-System (15 bis 20 Liter pro Quadratmeter und Stunde) arbeiten will. Der Vorteil: Geringere Rohrdurchmesser, weniger Pumpenleistung, höhere Temperaturspreizung. „Das lohnt sich allerdings nur, bei externen Wärmetauschern, die das heiße Wasser gezielt oben in den Speicher schichten. Unter 12 bis 15 Liter pro Quadratmeter und Stunde für das Kollektorfeld sollte man aber nicht gehen, sonst kann man die Wärme nicht mehr gut abtransportieren“, sagt Schnauss.
Schaltet man Kollektoren oder Stränge parallel, verteilt sich der Volumenstrom im Feld. Um den Mindestvolumenstrom für das Feld zu bestimmen, muss man daher den Mindestvolumenstrom für einen Kollektor mit der Zahl der Stränge multiplizieren.
„Wichtig ist, dass man den Durchmesser der Leitungen nicht zu knapp für den berechneten Volumenstrom auslegt“, sagt Schnauss. Solange der Druckverlust in den verzweigten Leitungen auf dem Dach im Verhältnis zum Kollektorfeld gering ist, falle nämlich ein Meter mehr oder weniger Leitung für die Durchströmung nicht ins Gewicht, erklärt er.
Kollektorfeld-Hydraulik: Druckverlust berechnen
Dann kommt die Berechnung des Druckverlusts an die Reihe. Den Druckverlust für die einzelnen Kollektoren entnimmt man der Druckverlustkurve aus dem Datenblatt. Multipliziert mit der Zahl der Kollektoren in Reihe ergibt sich der Druckverlust des einzelnen Strangs, der zugleich der Druckverlust des gesamten Kollektorfeldes der Solarthermie-Anlage ist.
Zuletzt kommt die Pumpenauswahl: Gibt es eine passende Pumpe, bei der Druckverlust und Volumenstrom in einem günstigen Arbeitspunkt liegen? Zum Druckverlust des Kollektorfeldes kommen natürlich noch die des Leitungsnetzes, der Wärmetauscher im Speicher und die der Arbeitshöhe hinzu. Passt alles, hat die Rechenarbeit hier ein Ende. Bewältigt die Pumpe Volumenstrom oder Druckverlust nur mit Mühe, sollte man es lieber noch einmal mit einer anderen Konfiguration probieren. Eine Excel-Datei hilft, den Aufwand dafür in Grenzen zu halten. Wer mit Komponenten des Herstellers Oventrop arbeitet, kann sich von einer kostenlosen Firmen-Software die Berechnung abnehmen lassen.
Wenn nötig: Stränge regulieren
Manchmal macht einem eine Gaube, ein Schornstein oder ein Dachfenster einen Strich durch die Hydraulikrechnung. Auf einem ungünstig geformten Dach lassen sich die Stränge einer Solarthermie-Anlage nicht immer gleichmäßig gestalten. Dann helfen Strangregulierventile, die vorzugsweise im Rücklauf der Kollektorstränge eingebaut werden, um die Kollektorfeld-Hydraulik in den Griff zu kriegen. Wichtig ist, dass die Regulierventile die hohen Temperaturen verkraften, die im Solarfeld während möglicher Stagnation auftreten. Die Taconova-Ventile sind zum Beispiel bis 185 Grad Celsius dauerhaft beständig, kurzzeitig bis 195 Grad Celsius. Oventrop gibt die Maximaltemperatur seiner Strangregulierventile Hydrocontrol STR mit 200 Grad Celsius an. Obwohl die Regulierventile Volumenstromanzeiger besitzen, braucht man normalerweise mehrere Durchgänge zum Einstellen der Ventile, denn jede Änderung an einem Strang beeinflusst natürlich die anderen. Etwas Zeit sollte man also dafür einplanen.
Weitere Praxistipps finden Sie in unserer Rubrik Solarthermie-Praxis Leser fragen.
Eva Augsten
2. September 2020 at 16:38
Vielen Dank für die Ausführung! Sehr hilfreich!
11. September 2020 at 10:33
Schöner Artikel! Vielleicht noch ergänzend:
1. Tichelmann hilft nicht automatisch, schon bei relativ kleinen Abweichungen ist die Durchströmung nicht mehr gleichmäßig.
2. Die meisten Kollektoren sind nur im High Flow getestet! Die Leistungsdaten werden sich dann im Low-Flow-Betrieb ändern.
3. Die Höhe ist für den Druckverlust bei geschlossenen Kreisläufen egal. Trotzdem macht es Sinn, dass die Umwälzpumpe genügend statische Höhe überwinden kann: Bei Dampfbildung kann sie die Flüssigkeitssäule durch das Kollektorfeld drücken.
6. Mai 2021 at 9:14
Guten Tag,
Auf der Suche nach einer einfachen Erklärung des Tichelmann-Prinzips fürdie korrekte Verschaltung von mehreren Kollektoren bin ich auf diesen Artikel gestossen.
Die Illustration der Fachhochschule Nordwestschweiz erfüllt ebendiese Anforderung nicht, denn die Kollektoren in den Teilsträngen sind ungleich parallel geschaltet. Die Kollektoren am linken Ende der Reihe haben den geringsten Durchfluss. Dies erhöht die Austritttemperatur in diesem Bereich und fördert die Kumulation von Gas an diesen Enden und kann zu partieller Stagnation führen, speziell bei Serpentinenabsorbern.
Gemäss Tichelmann-Gesetz müssten die Teilstränge von entweder unten links zu oben rechts – oder gegenteilig – durchströmt werden, damit jeder Kollektor den selben Duchfluss erhält. Mir ist zwar bekannt, dass verschiedene Hersteller eine solche Verschatung als tauglich erklären, die Praxis zeigte mir aber, dass das nur unter bestimmten Voraussetzungen und auf jeden fall nicht optimal funktioniert.
Bei der skizzierten Verrohrung ist zusätzlich eine Steigung der Kollektorreihen Richtung heissem Austritt nötig, um partiellen Luftstau zu vermeiden. Dies betrifft Flachdach- wie Steildachmontagen gleichwertig und ist bautechnisch meisst eine Herausforderung.