Bei Schweizer Trinkwassersystemen mit Solarthermie sind Legionellen im Vergleich zu Trinkwassersystemen ohne Solaranlage häufiger aufgetreten. Das liegt vor allem daran, dass Anlagen eine Zapftemperatur von mindestens 50 Grad Celsius nicht erreichen.
Michel Haller vom Schweizer Solarforschungsinstitut SPF hat beim Solarthermie-Symposium eine Feldstudie vorgestellt, bei der die Forschenden im Jahr 2019 in 110 Gebäuden in der Schweiz nach Legionellen geschaut haben. Dabei handelte es vor allem um Einfamilienhäuser und Doppelhäuser. Auch ein paar Mehrfamilienhäuser waren darunter. In 24 Trinkwassersystemen konnten Legionellen nachgewiesen werden. 18 davon überschritten den Grenzwert von 1.000 KBE (koloniebildende Einheiten), bei dem laut Schweizer Verordnung bei öffentlich zugänglichen Duschen der Betreiber Maßnahmen zur Legionellenbekämpfung einleiten muss. Für Privatleute gibt eine solche Vorschrift nicht.
Bei der Analyse der Anlagen fand das Team um Michel Haller vier Gegebenheiten, die bei belasteten Trinkwassersystemen auftraten. So kann eine zentrale Kaltwasserbeimischung in Kombination mit einer Warmwasserzirkulation genauso problematisch sein, wie eine Thermomischarmatur an der Dusche. Signifikant viele Bewohner beanstandeten den Geruch oder den Geschmack ihres Trinkwassers und auch die Solarthermie führte zum häufigeren Auftreten von Legionellen.
Zu geringe Zapftemperaturen
Dabei ist nicht die Solarthermie an sich das Problem. Es stellt sich nämlich heraus, dass viele Trinkwassersysteme die Empfehlungen der Schweizer Trinkwassernorm nicht erfüllen. So sollte an der Zapfstelle eine Temperatur von 50 Grad Celsius erreicht werden. Das erreichten 30 Prozent der Anlagen ohne Solarthermie nicht. Bei den Trinkwassersystemen mit Solarthermie waren es aber 50 Prozent, die nicht diesen Schutz vor Legionellen beachteten.
Von den 18 Gebäuden mit problematischen Legionellenbefunden haben die Forschenden im Jahr 2020 bei 14 eine Nachuntersuchung durchgeführt. Die anderen vier Hausbesitzer haben nicht an der Folgestudie teilgenommen. Neun dieser Trinkwassersysteme waren im Jahr 2020 legionellenfrei, weil Bewohner die Empfehlungen der Forschung umgesetzt hatten. Am Ende blieben nur wenige hartnäckige Fälle übrig, bei denen es Fehler in der Warmwasserverteilung gab.
Was sind die nun Risikofaktoren? Haller nennt die ungenügende Temperatur in Bereitschaftsvolumen des Speichers von weniger als 50 Grad Celsius. Auch Zapfstellen, die nie auf 50 Grad Celsius erwärmte werden, sind ein Risiko. Problematisch sind auch zu kleine Speicher, die regelmäßig durch ein hohes Zapfvolumen so weit abgekühlt werden, dass sie ideale Bedingungen für die Legionellenvermehrung bieten. Eine technisch nicht korrekt ausgeführte Warmwasserzirkulation mit einer zentralen Kaltwasserbeimischung als Verbrühungsschutz wurde besonders bei den hartnäckigen Fällen festgestellt. Inwieweit auch Frischwasserstationen ein Risiko darstellen, konnte Haller nicht beantworten, weil nur ein einziges derartiges Trinkwassersystem im Test mit dabei war.
Der Schlussbericht zum Legionellen-Feldtest von 2019 ist unter diesem Link zu finden.
30. April 2021 at 19:13
„Zapfstellen, die nie auf 50 Grad Celsius erwärmte werden, sind ein Risiko“: Wie um Himmels Willen soll ich als unbedarfter Nutzer das verstehen? Dass ich in regelmäßigen Abständen auch mal eine 50°C heiße Dusche nehmen sollte? O.k. … die Hersteller von Brandsalben würden sich darüber sicher freuen!
1. Mai 2021 at 12:03
Mit 50 °C zu duschen wäre sicher nicht gut, aber hin und wieder einmal kurzzeitig 50 Grad zu Zapfen (ohne drunter zu stehen) sollte man machen um sicher zu gehen. Aber: Laut SPF ist die Dusche generell nicht das größte Risiko. Die Menschen, die an Legionellen sterben, stecken sich wahrscheinlich meist an Aerosolen von Kühltürmen von großen Kühlanlagen an. Auch den Anlagenbesitzern in der Studie ist ja nichts passiert. Die Menge an Legionellen war auch nur ein einem Fall extrem hoch, meistens wurden nur recht wenige gefunden.
Der Verband Swissolar will in Kürze ein Merkblatt veröffentlichen, auf was zu achten ist. Wir berichten weiter.