Jede Technologie hat das Bestreben, universal zu werden, sich also gegen konkurrierende Technologien durchzusetzen. Wenn sie damit erfolgreich ist, kommt sie schließlich selbst dann zum Einsatz, wenn andere Technologien eigentlich besser geeignet wären.
Das bekannteste Beispiel ist das Auto, das als schnelles Transportmittel für mittlere Strecken ideal ist, aber immer häufiger auch zum Brötchenholen genutzt wird, „weil es nun mal da ist“. Und selbst im Fernverkehr ist es für viele Menschen die erste Wahl, obwohl die Bahn in den meisten Fällen schneller und bequemer ist.
Eine ähnliche Entwicklung spielt sich seit einiger Zeit auf unseren Dächern ab. Die solarthermischen Kollektoren wandeln das Sonnenlicht mit hohem Wirkungsgrad in Wärme um, und weil das Prinzip so einfach und zuverlässig ist, konnte es sich in den 1980er und 1990er Jahren langsam, aber stetig etablieren.
Aber ab dem Jahr 2000 förderte die Bundesregierung durch die Vergütung jeder eingespeisten elektrischen Kilowattstunde die Photovoltaik derart großzügig, dass sich sehr bald die Erkenntnis durchsetzte, dass man damit Geld verdienen kann. Deshalb schwenkten viele Bauherren, die sich eigentlich schon für die Solarthermie entschieden hatten, kurzfristig auf die Photovoltaik um. Mit Solarthermie kann man fossile Energien und damit Geld einsparen, aber das scheint nicht so verlockend zu sein, wie mit Photovoltaik Geld zu verdienen.
Das Ergebnis ist bekannt. Die Solarthermie ist gegenüber der Photovoltaik ins Hintertreffen geraten. Die Konkurrenz spielte sich aber jahrelang nur auf ökonomischer Ebene ab: „Geld verdienen“ gegen „Geld sparen“.
Diese ökonomische Konkurrenz wird zwar mit dem Ende der großzügigen Förderung der Photovoltaik an Bedeutung verlieren. Das Problem ist damit aber nicht vom Tisch. Denn die Photovoltaik hat sich inzwischen so weit ausgebreitet, dass sie „sowieso da“ ist, und wenn man sie nicht mehr gewinnbringend in Netz einspeisen kann, dann wird man sie im Haushalt nutzen. So weit, so gut. Aber was passiert mit den Überschüssen in den Sommermonaten?
Weil man Strom relativ einfach in Wärme verwandeln kann, sind seit einiger Zeit spezielle Heizstäbe auf dem Markt, mit denen überschüssiger Solarstrom im Warmwasserspeicher verwertet werden kann. Damit erreicht der Verdrängungswettbewerb die nächste Stufe. Es zeichnet sich eine Nutzungskonkurrenz ab, indem die Photovoltaik nicht nur direkt Strom produziert, sondern indirekt auch Wärme.
Es ist zwar unlogisch, Solarenergie erst mit relativ schlechtem Wirkungsgrad in Strom und dann in Wärme umzuwandeln, wenn man diese Energie auch direkt in Wärme umwandeln kann, aber das scheint keine Rolle zu spielen.
Dazu kommt nun eine wachsende Flächenkonkurrenz. Denn die Dachflächen sind begrenzt. Mit dem Aufkommen des Elektroautos, das viel mehr Strom braucht als es uns seine Propheten weismachen wollen, wird sich der Wettbewerb zwischen solarer Wärme- und solarer Stromerzeugung noch verschärfen, denn ein großer Teil des Daches wird allein dafür genutzt werden müssen, um aus Sonnenlicht Strom für die Mobilität zu gewinnen.
Ein möglicher Ausweg aus diesem Dilemma wäre ein Musterhaus, das eine ganzheitliche Lösung verkörpert. Es könnte etwa so aussehen wie auf dem Bild oben. Die Erzeugung von Strom und Wärme auf dem Dach wird so aufgeteilt, dass sie auf den tatsächlichen Bedarf abgestimmt ist. Dann wird es auch keinen überschüssigen Solarstrom mehr geben, den man verschwenden muss, indem man ihn in Wärme umwandelt.
Detlef Koenemann
14. September 2021 at 9:08
Hallo Herr Koenemann,
zu dem Thema habe ich einmal in einem Jahrbuch von Ihnen einen sehr guten und fundierten direkten Vergleich der Kosten und Erträge von thermischen Solaranlagen und Fotovoltaikanlagen mit / ohne Wärmepumpe gesehen. Leider finde ich den nicht mehr. Können Sie mir helfen?
Schöne Grüsse
Frank Michels